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Ein LE-Skater in Amerika, die III. |
(von Christian Tennert)
Hallo zusammen,
ihr habt ja mittlerweile die Saison in Deutschland ueberstanden. Ich war Anfang Oktober in Colorado zu einem Trainingslager am Olympischen Trainingscenter auf der Bahn. Ich hab dazu wieder einmal einen Bericht verfasst:
OTC – diese 3 Buchstaben sind den amerkanischen Spitzensportlern sehr gut bekannt. Dahinter verbirgt sich das Olympischen Trainings Center in Colorado Springs/Colorado. Dieses Center bietet hervorragende Trainingsbedingungen fuer eine Vielzahl olympischer, aber auch nichtolympischer Sportarten. Mehr als 50 Skater aus den verschiedensten US-Staaten kamen vom 5. bis 8. Oktober hier zusammen, um an einem der zweimal jaehrlich stattfindenden Bahn-Trainingscamps (200m Bahn) teilzunehmen. Unter den Teilnehmern waren auch Skater des US-World-Teams. Dieses Trainingslager bietet alles, was einen Skater gluecklich macht. Insgesamt 8 Coaches waren bereit, uns in 4 Tagen eine Menge in Sachen Fahrtechnik, Bahn-Taktik/Handling, Teamtaktik, Trainingsmethodik und Erhnaehrung beizubringen. Die Trainer hatten selbst Inline- oder Eisskatinghintergruende. Darunter war auch der aktuelle Coach des US-World-Teams David Downing. Bob, der in den 70er Jahren selbst an olympischen Spielen auf dem Eis teilgenommen hatte, verbrachte viel Zeit mit mir und gab mir sehr wertvolle Tips. Kelly, der organisatorisch viel uebrenahm, hatte in den letzten Jahren Inline-Downhill betrieben. Alles in allem ein sehr starkes Trainer-Team.
Im groben Ueberblick bestand unser taegliches Programm aus einer Skating-Session auf der Bahn von 8-11.00 Uhr, Mittagspause bis 13.00 Uhr, einer weiteren Skating-Session von 13-16.00 Uhr, Abendessen bis 20.00 Uhr und dann Off-Skate-Uebungen in der Halle 20-22.00Uhr. Also ein gut gefuellter Stundenplan.
Am ersten Tag hiess es erstmal einchecken, dann wurde bei jedem der Sitz des Helms kontrolliert, danach ging es auf die Bahn zum Einrollen. Nach dem Einrollen wurde das Dynamic Flexibility Streching eingefuerhrt, eine neue Form des Streching. Es soll deutliche Vorteile gegenueber dem statischen Streching haben und es wird vor dem Wettkampf/Training durchgefuehrt. An diesem Tag gab es dann weiter einige Uebungen zum Fahren in der Gruppe und zu Positionswechsel. Die Bahn ist nicht flach, sie hat erhoehte Kurven, die am Kurvenausgang ein staerkeres Gefaelle haben, als am Kurveneingang. Wir lernten, auch diese Gefaelle bei Positionswechsel auszunutzen.
Am zweiten Tag ging es dann um spezielle Taktiken auf der Bahn, wie man sie ausfuehrt und wie man ihnen entgegenhaelt. Am Nachmittag lag der Schwerpunkt auf dem 100m Einzelsprint. Wir lernten die spezielle Starttechnik fuer die 100m und 300m und machten viele Uebungen fuer den Start, anschliessend musste dann jeder zweimal allein auf die 100m.
Am dritten Tag standen dann die 300m und 500m auf dem Programm, am Nachmittag gab es dann die letzte Qualifikation ueber 10000m. Qualifikation deshalb, weil man sich hier auch gleichzeitig mit seinen Zeiten fuer die US Outdoor National Championships qualifiziert. Die 100m und 300m waren ein Einzelzeitfahren. Die 500m wurden in Gruppen von 4-6 Skatern gefahren. Auf den 100m und 300m war mein Puls schon am Start sehr hoch, weil ich wusste, es schauen mehr als 50 Skater und die Coaches nur mir zu. Aber, sobald man erst einmal die Startlinie ueberquert hat, ist man voll auf die Bahn konzentriert und nimmt alles andere nicht mehr wahr und es lief ja alles ganz gut. Ich habe mich mit meinen erreichten Zeiten fuer die US Outdoor National Champinships in der Senior World Class qualifizieren koennen! Leider sind diese aber im Mai 2007, da bin ich ja schon lange wieder zurueck in Deutschland. Zwischen diesen einzelnen Qualifikationen wurden ab und zu einige Uebungen zur Fahrtechnik eingeschoben. Die Coaches sind immer auf uns zu gekommen, haben uns auf Fehler in der Fahrtechnik hingewiesen und uns viele, viele Tips gegeben. Hier sind es wirklich die Kleinigkeiten, die den grossen Unterschied machen. Die Top 15 meiner Alterklasse befinden sich im 100m Sprint innerhalb von 0.2 Sekunden!
Sehr spannend war auch das Essen. Zum einen ist es das beste Essen, was ich je hatte, seitdem ich in den USA bin, zum anderen trifft man im Speisesaal sehr bekannte Sportler. So waren das US Nationalteam der Volleyball-Frauen und viele Leitchtathleten hier und beim Mittagessen sass auf einmal Apollo Ohno (dreimaliger Gesamtsieger im Ice Skating Short Track World Cup)am Nachbartisch.
Der vierte und letzte Tag. Hier sollten wir das Wechselspiel des Wetters in Colorado erleben. Bisher hatten wir beim Training im Freien etwa 20-25 Grad, an diesem Tag waren es frueh –5Grad. Es stand ein Ausscheidungswettkampf (Last Man Out) auf dem Programm. Nach etwa 1 Stunde Erwaermung wurden wir an den Start gerufen. Diesmal wurde aber nicht in den Altersklassen getrennt gestartet. Alle 52 Teilnehmer starteten zugleich , alle 2 Runden schied der leztete aus. Es war ein grosses Gemetzel. Die juengeren Skater hatten sehr zu kaempfen, denn die US-World-Team-Skater gaben von Anfang an ein hohes Tempo vor. Als wir dann nur noch etwa 12 Skater auf der Bahn waren, fing es an leicht zu regnen. Die Coaches wollten aber das Rennen nicht abbrechen. Sie entschieden sich dann dafuer, jede Runde den letzten ausscheiden zu lassen. Nach etwa 80 Runden schied ich dann aus und landete auf Platz 8. Wenige Runden spaeter stand dann der Sieger fest und es regnete dann staerker und staerker. Wir trafen uns dann alle in einer Turnhalle, um die vergangenen Tage auszuwerten.
Viele der Teilnehmer sind an diesem Sonntag Nachmittag abgereist, ich habe meinen Rueckflug aber erst fuer den Montag gebucht und so blieb mir noch ein Tag, um mich am Trainingscenter noch ein bisschen umzuschauen. Beim Mittagessen traf ich dann David Downing noch einmal und wir haben uns sehr lange ueber Outdoor Skating in den USA und Europa unterhalten. Er gab mir kurz vor seiner Abreise noch den Trainigsguide fuer das US-World-Team. Es ist ein von ihm einwickelter Trainingsplan fuer Outdoor Skating (Bahn und Marathon). Es sind genau beschrieben wie trainiert wird, womit, Trainingsumfaenge, Zeiten und Intesitaeten fuer jede Jahreszeit, jeden Monat und jeden Tag. Ich trainiere nun nach diesem Plan. Abschliessend kann ich nur sagen, dass diese 4 Tage das groesste Skate-Erlebnis waren, das ich je hatte. Ich habe eine Menge Wissen mitnehmen koennen. Ich weiss nun wo ich momentan stehe, woran ich arbeiten muss, wie ich das machen sollte und vor allem wie ich mein Training verbessere. Man verlaesst Colorado als ein komplett anderer Skater – man ist mental ein ganzes Stueck weiter. Kelly hat uns jeden Tag gesagt: "Don’t think that training makes perfect. Perfect training makes perfect, otherwise you waste your time!"
Bei Fragen und Anregungen koennt ihr euch gern bei mir melden. Ansonsten wuensch ich euch eine schoene "Nebensaison". Bei mir lauft ueber den Winter die Indoor Short Track Saison. Wir haben da vor Weihnachten noch einige Wettkaempfe.
Viele Gruesse, Christian |