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(von Ingo Colbow)

 

"OKKER GOKKER
GUMMI KLOKKER
ERLE PERLE
PIF PAF PUF VAEK MED DEN BESKIDTE LUF!"

 

Wer das dreimal laut und deutlich hintereinander liest, der versteht schnell, wie leicht es einem fällt, sich im Dänischen zurecht zu finden ...

 

 

Für die Teilnehmer am Herbsttrainingscamp in Næstved / Dänemark war es mit der Sprache völlig unkompliziert: Der Abzählreim besagt nicht mehr, als das deutsche "Eene, meene, muuh…!", geht aber etwas anders. Ein Handschuh und eine Gummi-Glocke kommen drin vor. Im Prinzip geht es aber um dasselbe und so ist der Vers ein Beweis dafür, wie leicht man einander verstehen kann, wenn beide Seiten das gleiche vorhaben und sich in eine gemeinsame Unternehmung stürzen.

 

Und Gelegenheiten, sich gemeinsam unter Beweis zu stellen, gab es in Naestved genug: schon Freitag Nachmittag des 5. Oktober - unmittelbar nach Ankunft und Begrüßung - wurden von dem gemeinschaftlichen deutsch-dänischen Trainerteam um Lotte, Anke, Brian und Annie auf der Speedskating-Bahn des IFK Naestved die erste Hindernisparcours aufgebaut, die deutschen und dänischen Kinder in gemischte Teams aufgeteilt und die erste Trainingseinheit absolviert. Verstärkt wurde das deutsch-dänische Trainerteam dabei von den dänischen Spitzenfahrern Peter und Christian Hartz und die Anwesenheit dieser beiden Top-Athleten spornte alle Teilnehmer enorm an.

 

Das Wetter war traumhaft: strahlender Sonnenschein und 17 Grad machten die Strapazen um die Anreise und das frühe Aufstehen in Leipzig vergessen. Und die Kommunikation der Kinder untereinander war kein Problem: Jedenfalls waren unsere Kinder nach dem ersten Training der Meinung, dass man "... das Dänisch ja überhaupt nicht verstehe aber trotzdem schon immer irgendwie weiß, worum es den dänischen Kindern geht!"

 

Während die Kinder sich auf den Hindernisparcours und auf der Bahn austobten, richteten die mitreisenden Eltern die Schlafstellen in der angrenzenden Turnhalle her. Die dänischen Eltern waren dabei ganz professionell: sie rückten mit einem Kompressor an, um die Luftmatratzen aller dänischen Teilnehmer auf akzeptable Wohlfühlstärke aufzublasen. Die deutschen Eltern waren mehr mit Camping-High-Tec im zwei- bis drei-Zentimeterbereich ausgestattet. So waren die dänischen Kinder und Eltern im Schlaf dem Himmel durchschnittlich 10 cm näher und die Zufriedenheit mit den unterschiedlichen Technologien konnte man am nächsten Morgen deutlich an den Gesichtern ablesen.

 

Doch spätestens Sonnabend früh wurde jedem klar, was für großartige Gastgeber die Eltern, Kinder und Trainer des IFK Naestved sind: abgesehen von dem Komfort der Duschen und Klubräume in der Turnhalle wurden schon um 07:30 Uhr warmer Kaffee und ein tolles Frühstück geboten. Der Hit bei Kindern und Erwachsenen waren die hauchdünnen Schokoladentafeln, die man sich in Dänemark schon am frühen Morgen - anstelle von Wurst oder Marmelade - auf die Brote legt und aus denen die Kinder die Energie ziehen, um dann mit Ungeduld und Schwung in die Skater zu springen.

 

Doch anders als am Freitag ging es dann beim Training am Sonnabend um weit mehr: die Teams mussten bei den einzelnen Parcours um Punkte fahren, diese Punkte mittags gegen Zutaten und Gerätschaften zur Herstellung von Torten eintauschen und dann in jedem einzelnen Team eine eigene Torte backen (aufschichten, basteln oder zusammen kitten) Im Laufe des Nachmittags wurden die Torten von einer kritisch-strengen Fachjury prämiert und die Siegerteams am Abend ausgerufen. Es gab Preise für die ‚schönste', die ‚kreativste', für die ‚lustigste' und für die am ‚wenigsten gelungene' Torte. Die Bekanntgabe der Prämierungen waren jedes Mal begleitet von fieberhaftem Applaus - wenn auch nicht alle Wünsche dabei in Erfüllung gingen. Zwar errangen Rosa und Annalena mit ihren dänischen Freunden den Titel der ‚lustigsten' Torte aber Björn grummelte noch am Sonntag Morgen, er und seine Freunde hätten gehofft, wenigstens den Titel für die ‚blödeste' Torte zu holen. Aber selbst den haben sie nicht gekriegt…

 

Was nicht heißt, für Kinder wie Björn war auf dieser Reise nichts drin. Denn ob ihrer Körpergröße im wahrsten Sinne des Wortes ‚herausragend' war ein etwa 14-jähriges dänisches Mädchen namens Camilla. War Camilla für alle Kinder eine geduldige und liebe Freundin, so war sie für Björn und Ben ganz einfach… (da fehlt mir doch glatt das Wort) Und da es in diesen Dingen auch schon den 9-jährigen an den passenden Worten hapert, mussten Ben und Björn die Camilla auf andere Weise kapern. So waren sie ununterbrochen damit beschäftigt, die große Camilla zu rempeln, zu kitzeln, zu schupsen und so dafür zu sorgen, dass diese wiederum den Ben und den Björn jagte, fing, zu Boden warf und in den Schwitzkasten nahm, bis diese um Verzeihung baten, frei kamen und wieder von vorn anfingen…

 

Unterdessen verbrachten die mitreisenden Eltern einen erholsamen Tag in Kopenhagen. Die Stadt meinte es mit uns gut. Und die Eltern meinten es gut mit sich. Nach einer unterhaltsamen Bootsfahrt durch die alten und neuen Prachtbauten der dänischen Hauptstadt - für Menschen aus einer architekturarmen Stadt wie Leipzig wirklich sehenswert - saßen Eva, Ingmar und Ingo nachmittags in Nyhavn vor einem eindrucksvollen Heringsbüffet von etwa 3 Metern Länge und genossen die Reize der lokalen Küche. Conny, Uwe, Danilo und Ronald erkundeten weitere bauliche Höhepunkte und am Abend trafen sich alle gesättigt an Bildern und Eindrücken in der Turnhalle von Naestved wieder. Die Kinder wurden geduscht. Die dänischen Eltern hatten unterdessen das Abendessen gedeckt. Dann wurden die Torten prämiert. Die Kinder stürzten anschließend in den Fernsehraum, um irgend einen ultimativen dänischen Film anzusehen, während sich die deutschen und dänischen Trainer und Eltern im Klubraum bei selbst gebackenem Kuchen und mitgebrachten Weinen erholen konnten…

 

Und als sich wirklich alle ganz sicher wohl fühlten, war das Trainingslager dann auch schon leider vorbei: am Sonntag Morgen sah man überall Gruppen und Grüppchen deutscher und dänischer Kinder, die miteinander lachten, sprachen und tuschelten. Die Kinder sagten jetzt nicht mehr ‚die Dänen', sondern zählten uns vor, wie viele Freunde sie inzwischen gefunden haben. Und während Anke, Brian, Annie, Lotte, Christian, Peter und Martin die Kinder noch einmal über die Bahn und Hindernisparcours jagten, mussten die Eltern aus den kleinen und großen Luftmatratzen schon wieder die Luft heraus lassen… (zugegeben: mancher unter den Eltern war darüber durchaus froh) Das ganze Schlaflager verschwand in kleinen Portionen in Taschen, Hüllen und Rucksäcken und wanderte zurück in die Autos. Und mittags um halb zwei mussten wir abfahren. Im Hafen von Gedser knatterte zum Abschied die rot-weiße dänische Fahne. Der Himmel war blau. Und es gab eine schöne sonnige Überfahrt auf der Fähre "Kronprinz Christian". Alle waren ein bisschen erschöpft aber tief zufrieden. Und alle wünschen sich ein baldiges Wiedersehen mit den tollen Kindern, Eltern und Trainern aus Naestved (auch wenn ich die ganze Zeit nicht heraus bekam, wie man dieses schwierige Wort ‚Naestved' eigentlich spricht?...)