(von Thomas Hoffmann)
Hier nun mein erstes 100km-Fläming-Skate-Tour-Erlebnis vom 8. September 2012. Endlich mal eine Strecke zum genießen: statt Wettkampftunnelblick auf das hin und her der Rücken-Po-Partie des Vordermanns, ein genüsslicher Blick auf die Freuden der Natur.
Wie immer in aller Herrgottsfrühe aufstehen, fix noch Holger, Wolfgang und Thomas E. einsammeln und los geht’s. Die Abfahrt nach Jüterbog liegt leider 2km vor der Fläming-Raststätte. Das ist die mit der supersauberen 5-Sterne-Toilette - demgegenüber steht am Startpunkt Skatearena ein Container mit einem einzigen Toilettchen für gefühlte 250 Männer zur Verfügung. Aber auch das überlebt man. Die schnelleren Skater starten eh etwas später. Und so kann man sich schon für die Mittagspause mit nur einer funktionierenden Toilette in Geduld üben.
Die Skate-Arena liegt etwas außerhalb des Zentrums von Jüterbog, weshalb es der hiesigen Landbevölkerung allerdings schlecht möglich ist, die 140 Starter mit „La Ola-Wellen“ gebührend zu verabschieden. Unsere kleine, fast komplett grün gekleidete Gruppe, zu der sich in Jüterbog noch Annett und Michael M. gesellt haben, startet als letztes Team mit einem sehr angenehm ruhigen Tempo, wobei einzelne Ausreissversuche unseres Scouts Michael P. periodisch unterbunden werden. Der Asphalt ist vom Landregen anfangs noch ziemlich nass, die Abendbeschäftigung ist damit schon mal klar, aber gut um Technik zu üben.
Rasant jetzt schon an sämtlichen Gruppen vorbeischlängelnd (Thomas E. wird immer schneller – er hatte unvorsichtigerweise noch nicht gefrühstückt) erreichen wir das erste leckere Frühstückspausenreservoir am Freiband Oehna. Gut gelaunt geht’s weiter, jetzt nur noch mit unserer Scoutin Liane - der zweite hielt noch ein kleines Nickerchen und der dritte fuhr einen kleinen Umweg.
Landschaftlich ist es ja eine echte Genusstour. Was mich trotzdem davon abhält nette Rehe und Igel sowie Farbe und Form des Fläminger Waldes eingehend zu studieren, sind die ständigen Poller (mein linker Arm ist vom Anzeigen jetzt noch im 90-Grad-Winkel fixiert) und überquerenden Straßen. So richtig mal Tempo machen ist also eher nicht, aber darum geht es ja auch nicht, wie ich mich immer wieder erinnern musste.
Hin und wieder sind die Streckenmarkierungen nicht ganz klar, weshalb ich unsere Gruppe fast ins Unterholz geführt hätte. Überhaupt scheint die sinnleere Fortbewegungsbeschäftigung des Skatens für einige Anwohner nicht so ganz ihre Welt zu passen: Im dem einsamen Ort mit den vielen Gardienen, laut zugewuchertem Schild früher Dahme (Mark) genannt, wurden in einer Nacht-und-Nebel-Aktion vom hiesigen Anti-Rollschuh-Verein (ARV Hinterwolkwitz) schnell alle Hinweisschilder abmontiert und Richtung Mond angeschraubt. Übrigens hat es tatsächlich ein Fahrer mit Rollschuhen bis ins Ziel geschafft. Rein intuitiv, oder war’s der Bauch, finden wir dann doch nach 55km die Mittagsversorgung. Ein Dank an dieser Stelle auch an unsere wunderbare Scoutin, welche uns sanft durch die Landschaft gleiten ließ!
Die Nudeln mit Tomatensoße schmecken, machen satt aber schwere Beine. Der dritte Streckenabschnitt ist landschaftlich natürlich wieder Weltklasse. Für unseren ausgeruhten Scout ist es indes nicht so einfach das Tempo optimal niedrig zu halten, weshalb unsere Stimmbänder auch etwas gekräftigt werden. Nach 70km macht sich zudem Holgers Knie heftig bemerkbar. Zur Erinnerung: „... Fraktur der Spongiosa im Schienbeinkopf, partieller Riß des vorderen Kreuzbandes, Synovitis und der altbekannt degenerativ veränderte Innenmeniskus.“ Wie war die Aussage: „Ab jetzt 'wirklich piano' und abwarten, was die nächsten 2-3 Monate bringen. Wie verträgt sich das eigentlich mit dem kommenden Samstag?“ Na Holger, jetzt weißt du es!
Eine Teilung unserer Gruppe in zwei Mini-Teams wurde unumgänglich: Während Thomas E., unser ausgeruhter Scout und ich auf den letzten 25km etwas Tempo machten (man beachte: unser Scout dann doch hinterherhechelnd - aber in der Wildnis unverzichtbar), wird Holger von Annett und Micha zum Kaffeestützpunkt begleitet und zeitweilig unserer Scoutin geschoben, da sich unterwegs kein Begleitbus zeigt. Vernünftigerweise entscheidet Holger sich, dies nicht bis zum Ziel fortzusetzen, sondern nach 85km in den Begleitbus unserer Gruppe umzusteigen. Aber auch Micha muss beim Kaffee erst einmal auf den Bus warten, um seine große offene Blase zu versorgen, bevor er zusammen mit Annett und Liane in Richtung Ziel aufbricht. Unseren dritter Scout Michael N. sehen wir bis zum Ziel dagegen gar nicht mehr, laut Holger hat er sich nach dem Mittagessen für ein halbes, dreiviertel Stündchen ein Nickerchen im Wald gegönnt.
Am Ausgangspunkt glücklich angekommen merkt man die gut 100 Kilometer schon, aber es ist weniger anstrengend als erwartet. Unser Scout lässt es sich nicht nehmen mir noch einmal zu zeigen wie man technisch ausgereift Berge hochsprintet - auf den „Berg-Bildern“ von Heiko vom letzten Mitteldeutschen Marathon sieht dies allerdings bei den Top-Fahrern ganz anders aus.
Körperlich aufgewertet mit isotonischem alkoholfreien Weizen und Bratwurst, leider ohne Tombolawellnessentspannungsvergnügungsgewinn, geht es zurück nach Leipzig. Im Auto ist es auffallend still, man kontempliert über die Strecke und die entgangenen Rehbeobachtungen.
So, das war’s aus dem schönen Fläming. Im nächsten Jahr bin ich auf jeden Fall dabei und bringe auch mein Fernglas mit. :-)
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